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Musterschüler*in werden

Was ist eigentlich ein*e Musterschüler*in? Und warum sollte man das werden wollen? Braucht man dafür irgendwelche besonderen Lerntechniken oder steckt noch etwas Anderes dahinter? In dieser Rubrik wollen wir Euch Tipps geben und unsere persönlichen Erfahrungen darin teilen, wie man nicht nur im Allgemeinen, sondern auch in bestimmten "Problemfächern" wie zum Beispiel Mathematik oder Physik besser wird. 

AutorenbildConrad Borchers

Psychologie studieren - Therapiesofa, Statistiktutorium oder Persönlichkeitsanalyse?



1. "Psychologiestudierende können Gedanken lesen"

Etwas, das Psychologiestudierenden nicht entgeht, sind etliche Mythen über Psycholog:innen und über das Studium selbst. Schon während des Studiums wird man nicht selten nach der angeblichen Fähigkeit, Gedanken lesen zu können, befragt. Die angenommenen Analysefähigkeiten und Menschenkenntnisse erlangen sofort einen Höchststand. Viele tendieren auch dazu, die Empathie und Lebensweisheit von Psychologie-Studierenden zu überschätzen, während sie Gefühle und Gedanken mit einer eigentlich wildfremden, nicht-qualifizierten, aber eben Psychologiestudierenden Person teilen. Denn angeblich wissen sie sowieso, was der oder die Gegenüber gerade denkt, fühlt und was ihn oder sie belastet.


Mal ganz davon abgesehen, dass die ganzen Annahmen oben selten erfüllt, aber weiterhin verbreitet werden, dürfte man sich doch fragen, was das Psychologiestudium denn tatsächlich so mit sich bringt. Lernen wir wirklich Gedanken zu lesen oder was genau steckt in diesem fünfjährigen Studiengang? Dass einige Student:innen oft frustriert reagieren, könnte dem geschuldet sein, dass hinter dem Psychologiestudium bei weitem mehr steckt als die Verbesserung der Menschenkenntnisse.


2. "Was sind die Inhalte des Psychologiestudiums?"

Was sind eigentlich die genauen Inhalte, mit denen man sich im Studium beschäftigt?

Im Gegensatz zu der Vorstellung vieler, setzt man sich zuallererst mit den Grundlagen auseinander. Es geht darum zu Verstehen, wie Menschen denken und wieso sie auf bestimmte Art und Weise handeln. Dazu beschäftigt man sich auch intensiv mit dem Gehirn und verschiedenen Netzwerken des menschlichen Körpers (Neuropsychologie).




a) Fehler menschlicher Wahrnehmung

Anfangs geht es auch darum, die Fehler menschlicher Wahrnehmung zu erkunden. Erst da fällt einem auf, dass auch die eigene Wahrnehmung begrenzt ist und somit fehlerhaft sein kann. Oft fokussieren wir unsere Wahrnehmung nämlich auf ein bestimmtes Ereignis, wodurch viele andere Informationen nicht bewusst wahrgenommen werden, obwohl sie sich in unserem Blickfeld befinden, da sie in dem Moment keinen Mehrwert für uns haben. In der Schule konzentrieren wir uns beispielsweise auf den Inhalt der Stunde. Die Wenigsten können am Ende des Tages noch sagen, was die Lehrerin/ der Lehrer anhatte. Das nennt man selektive Aufmerksamkeit.


b) Konditionierung und Ängste

Im Psychologiestudium lernt zudem viel über das Lernen an sich und beschäftigt sich mit Konditionierungsprozessen und in diesem Zusammenhang mit der Entstehung von Ängsten. Jeder kennt zum Beispiel die Prüfungsangst. Selbst wenn man nicht persönlich betroffen ist, gibt es in der Klasse bestimmt eine Person, die vor Klausuren übermäßig aufgeregt ist. Solche Ängste sind häufig das Ergebnis von Konditionierungsprozessen, in der man die Situation mit Angst assoziiert.




c) Weitere Bereiche

Weitere Bereiche der Psychologie, mit denen man sich auseinandersetzt, sind die Entwicklungspsychologie und die Sozialpsychologie. Letzteres thematisiert den Mensch als soziales Wesen und untersucht zum Beispiel, wieso Menschen in bestimmten Situationen nicht helfen oder keine Zivilcourage zeigen.


3. "Wie komme ich ins Psychologiestudium rein?"

a) Numerus Clausus und Wartelisten

Wie Du möglicherweise bereits gehört hast, ist Psychologie ein kompetitiver Studiengang. Das bedeutet, dass der Numerus Clausus (“NC”, niedrigster Abiturdurchschnitt eines zugelassenen Jahrgangs) an so gut wie allen Universitäten hoch ist. Obwohl das auf den ersten Blick abschrecken kann, lohnt es sich, einen zweiten Blick auf das Zulassungsverfahren zu werfen. Wichtig ist auch, dass der NC immer nur rückblickend verfügbar ist. Während ein Abiturschnitt von 1,5 ein grober Richtwert für eine Zulassung zu einem Bachelorstudium Psychologie an staatlichen Hochschulen ist, kann es in jedem Jahr theoretisch zu Abweichungen kommen. Grund dafür können z.B. auch Veränderungen wie die Einführung eines neuen Studiengangs zur Vorbereitung auf die Arbeit in der Psychotherapie (den wir unten näher erläutern) oder auch die Corona-Pandemie sein. Zudem haben Zulassungsverfahren in der Regel mehrere Runden, so dass Wartelistenplätze vergeben werden. Lehnen zugelassene Studierende später ihren Studiengang ab, können Bewerber:innen auf einem Wartelistenplatz durch ein Nachrückverfahren zugelassen werden, das an manchen Universitäten unter anderem per Los entschieden wird. Weitere Informationen findest Du hier sowie auf den jeweiligen Internetseiten der Fachbereiche Psychologie der verschiedenen Hochschulen. Suche im Internet beispielsweise nach “Fachbereich Psychologie Universität Musterstadt”.


b) Eignungstest

Eine wichtige Entwicklung bei der Hochschulplatzvergabe in Psychologie sind auch Eignungstests: Seit der Zulassung der Bachelorstudierenden im Wintersemester 2020/21 haben Hochschulen in Baden-Württemberg (Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Tübingen und Ulm) den Eignungstest “STAV-Psych” eingeführt, der neben der Abiturnote die Zulassungschancen verbessern kann. Gleichzeitig bilden die Aufgaben des STAV-Psych ziemlich gut ab, welche Fähigkeiten für das Psychologiestudium wichtig sind. Bei einer Vorbereitung auf den STAV-Psych findest Du also möglicherweise heraus, ob ein Psychologiestudium etwas für Dich ist. Konkret testet der STAV-Psych analytische Fähigkeiten (Mathematik und schlussfolgerndes Denken), sprachliche Fähigkeiten (Textverarbeitung und Englischkenntnisse) sowie fachspezifische Fähigkeiten aus dem Bereich Biologie und Psychologie. Im Bereich der Psychologie steht eher Textverständnis als Vorwissen im Vordergrund, weshalb Du im Vorfeld keine Psychologie Fakten auswendig lernen musst! Für Biologie empfiehlt sich jedoch eine gezielte Vorbereitung. Eine Anmeldung zum STAV-Psych ist kostenlos. Mehr Informationen über die Inhalte des STAV-Psych inklusive Beispielaufgaben findest Du hier. Wir denken, dass weitere Bundesländer zukünftig auch ergänzende Eignungstest für die Zulassung zu einem Bachelorstudium einführen werden. Wann genau dies geschieht, ist allerdings ungewiss.





c) Psychotherapie als Studiengang?

Auch kann sich der NC für Psychologie in Zukunft ändern, da das Bundesministerium und der Bundestag 2019 ein “Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung” beschlossen haben. Dieses sieht vor, dass deutschlandweit künftig ein neuer zusätzlicher Studiengang eingeführt werden soll, der gezielt auf die Arbeit in der Psychotherapie vorbereitet. Wer den Studiengang absolviert, soll künftig keine zusätzliche Ausbildung nach dem Masterstudium absolvieren müssen, um Psychotherapeut:in zu werden, sondern hat mit dem Masterabschluss nach fünf Jahren die staatliche psychotherapeutische Prüfung (Approbation) abgeschlossen. Dies gewährleistet einen stärker angewandten und klinischeren Schwerpunkt des Studieninhalts im neuen Studiengang, während der allgemeine Studiengang Psychologie hingegen diverse Spezialisierungen (wissenschaftlich wie angewandt) ermöglicht. Obwohl der neue Studiengang ursprünglich bereits zum Wintersemester 2020/21 angeboten werden sollte, bieten bei weitem nicht alle Hochschulen in Deutschland den Studiengang zum Wintersemester 2021/22 an (Stand: April 2021). Grund dafür sind politische und organisatorische Gründe, da die Bundesländer individuell für die Umsetzung der Reform zuständig sind (“Bildung ist Ländersache”). Es lohnt sich, Informationen über den neuen Studiengang einzeln bei den Bundesländern zu recherchieren, in denen man potenziell studieren möchte. Auch ist es empfehlenswert, sich hin und wieder über das Studienplatzangebot auf dem Laufenden zu halten, da Informationen zu den einzelnen Studiengängen (z.B. Modulhandbücher) nicht immer zum frühestmöglichen Zeitpunkt veröffentlicht werden. Da Psychotherapie ein sehr häufig angestrebtes Ziel von Psychologiestudierenden ist, kann sich zudem durch die Einführung eines neuen Studiengangs der NC in Psychologie ändern, sodass sich eine Bewerbung in der Übergangsphase der Einführung des neuen Studiengangs lohnt.


3. Vorteile des Psychologiestudiums und Berufsmöglichkeiten

Ein großer Vorteil des Psychologiestudiums ist, dass er für sehr unterschiedliche professionelle Laufbahnen qualifiziert. Grundsätzlich werden alle Fächer in der Psychologie mit einem wissenschaftlichen Anspruch gelehrt. Kritisches Denken in Hinblick auf wissenschaftliche Befunde spielt beispielsweise immer eine große Rolle. Kombiniert mit einem breiten Grundlagenwissen über die verschiedenen Anwendungsgebiete der Psychologie (z.B. Medienpsychologie, Wirtschaftspsychologie) ergeben sich dadurch in Wirtschaft wie Wissenschaft sehr viele Möglichkeiten, die man im Laufe seines Studiums entdecken und vertiefen kann. Neben der Arbeit in der Psychotherapie bieten sich diverse Positionen in der Wirtschaft (z.B. in den Bereichen “user experience” oder “human resources”) sowie in der Beratung an (z.B. Suchtberatung, Beratung für Eltern hochbegabter Kinder). Zudem gibt es vielfältige Möglichkeiten, nach einem Psychologiestudium einen Doktortitel zu erwerben, wobei die Neuropsychologie und die Lernpsychologie hier nur zwei Bereiche aus potenziell unzähligen Bereichen für eine Promotion darstellen. Manche Studierende entwickeln im Laufe des Psychologiestudiums zudem eine Affinität für Statistik. Einige Universitäten bieten im Kontext von Statistik Kursen für statistische Programmierung an (z.B. in der Programmiersprache R). Diese Kenntnisse sind unter dem Stichwort Data Science sehr gefragt und werden in Zukunft tendenziell weiter an Relevanz gewinnen. Nicht zuletzt berichten einige unserer Mitstudierenden davon, wie ein Studium der Psychologie ihr Verständnis gesellschaftlicher Prozesse und ihrer Mitmenschen erweitert hat. Wer sich mit der menschlichen Psyche auskennt, kann oft Konflikte besser navigieren, kritischer über sich selbst nachdenken und Konzepte wie Resilienz besser verstehen und für sich nutzbar machen.


4. "Ist das Psychologiestudium was für mich?"

a) Alles nur Theorie?

Eine berechtigte Frage, die sich Menschen, die an ein Psychologiestudium denken, stellen, ist die, ob das Studium tatsächlich etwas für einen selbst ist. Die Unsicherheit, dass man mit Themen konfrontiert wird, die weniger praktisch und der Vorstellung entsprechend sind, ist oft sehr groß und wird bei Beratungsgesprächen sehr früh erwähnt. Denn laut Erzählungen und sogar Fakten wirkt das Studium sehr theoretisch und weniger praktisch. Diese Erwartung müssen wir guten Gewissens bestätigen – das Studium ist theoretisch sehr theoretisch. !Achtung – Wortspiel!

Das erlernte Wissen kann außerhalb der Universität jedoch oft vorteilhaft praktisch genutzt werden. Wir selbst haben das theorielastige Studium als Nachteil wahrgenommen, bis uns klar wurde, dass ohne eine gewisse Qualifikation und berufliche Weiterbildung die Anwendung all der erlernten Theorien fahrlässig wäre und Gefahren mit sich ziehen könnte. Stell Dir vor, ein:e Psychologie-Student:in würde sich befugt sehen, suggestive Annahmen über Dein emotionales Leben zu treffen oder sogar eine klinische Diagnose (z.B. Depressionen, Borderline) zu behaupten.


b) Anhaltspunkte, ob es das richtige für dich ist...

Es gibt dennoch einige Anhaltspunkte, anhand derer man ungefähr festmachen kann, ob einem das Studium gefallen könnte oder nicht. Du solltest auf jeden Fall generelles Interesse am Erleben und Verhalten des Menschen mitbringen. Es sollte spannend für Dich sein, verstehen zu können, wieso Menschen handeln, wie sie handeln. Dabei geht es um das Verhalten im Zusammenhang mit der Kognition des Menschen. Das Denken selbst – die “mikroskopische” Sicht auf menschliche Prozesse (“Wie nehmen wir Dinge wahr?”) – sollte ein gewisses Interesse in Dir wecken. Die Psychologie arbeitet bekanntlich viel mit Studien und Experimenten. Forschung ist daher ein großes und durchgängig wichtiges Thema für Psycholog:innen, weil wir Dank der Forschung an Verhaltensdaten kommen und so den Menschen besser verstehen können. Da die meisten Studienberichte und die Literatur dazu auf Englisch verfasst ist kommt man nicht drumherum, sich mit der englischen Sprache auseinanderzusetzen. Davor braucht man allerdings keine Panik haben. Wissenschaftliche Studien sind alle sehr ähnlich aufgebaut und folgen demselben Sprachstil. Nach wenigen Wochen sind die sogenannten “Paper” verständlich und einfach nachzuvollziehen. Entsprechend wird allen Studierenden im ersten Semester auch viel Verständnis entgegengebracht.


c) Endgegner Statisitk

Statistik ist auch ein großes Thema für Psycholog:innen. Auch das ist nicht zu umgehen, aber versprochen: irgendwann im Studium werdet ihr verstehen, dass ohne Statistik die Rechtfertigung dieser Naturwissenschaft schwierig sein könnte. Die Statistik selbst ermöglicht uns die sichere Verallgemeinerung von Ergebnissen und ist besonders in den ersten Semestern gut machbar und nicht so kompliziert, wie alle behaupten. Wir kennen persönlich nur Einzelfälle, die beim Erstversuch nicht bestanden haben.




5. Fazit

Vielleicht fühlt es sich, wie bei eigentlich jedem anderen Studium so an, als würde man zu Beginn ins kalte Wasser geworfen werden. Rückblickend können wir alle und auch viele Kommiliton:innen von uns sagen, dass man besonders in diesen Phasen über sich hinauswächst und viel wichtiges dazu lernt. Allein das dürfte es wert sein, oder?


 

UNSERE AUTOR:INNEN


CONRAD BORCHERS

Hi! Mein Name ist Conrad und ich studiere aktuell Psychologie in Tübingen. Bei Aelius bin ich insbesondere im Ideellen Förderprogramm aktiv und führe dort z.B. Workshops zum Thema Lernkompetenz durch. Hierüber drehen sich auch meine Blogbeiträge.

Bei weiterführenden Fragen oder Anmerkungen kannst Du Dich jederzeit unter conrad.borchers@aelius-foerderwerk.de bei mir melden!


YESIM ÖNER

Hey, mein Name ist Yesim! Ich studiere gerade Psychologie in Düsseldorf. Bei Aelius unterstütze ich in erster Linie den Bereich Human Resources und helfe auch gerne bei unterschiedlichen Projekten, die sich mit dem Themen wie Studium oder Lernen beschäftigen, aus. Ich hoffe anderen mit Blogbeiträgen über diese Themen helfen zu können!

Bei weiterführenden Fragen kannst du dich jederzeit unter yesim.oener@aelius-foerderwerk.de bei mir melden.



AYLIN SAVCI


Hallo zusammen! Ich heiße Aylin Savci und bin 22 Jahre alt. Im Moment studiere ich im Master Psychologie an der Universität in Düsseldorf. Seit Ende 2020 bin ich auch ein Teil von Aelius und unterstütze das Förderwerk eher intern im Bereich Human Resources.

Bei Fragen melde Dich gerne unter aylin.savci@aelius-foerderwerk.de.

 

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